Bindung und Freiheit sind in der Liebe kein Feind. Denn Liebe ist die größte Freiheit und doch die größte Bindung.
Buddhistische Weisheit

Dieser Spruch hängt an Dantes Garderobe (übrigens mit einem Magneten, auf dem sein großer Bruder Duke zu sehen ist 🙂 ) und begleitet uns jetzt schon seit vielen Monaten. Denn Bindung und Freiheit sind in der Hundeerziehung ganz zentrale Begriffe, insbesondere dann, wenn man einen Hund hat, der nicht alleine bleiben kann – so wie wir.
Die Freiheiten, die wir dank Dante erleben dürfen, sind enorm und ich genieße sie buchstäblich in vollen Zügen. Die Bindung, die er zu uns aufgebaut hat, könnte intensiver nicht sein und auch ich habe mich einem Tier noch nicht so verbunden gefühlt wie ihm. Doch im Kontext unseres Lebens mit Hund bedeutet Bindung auch, dass wir stärker an unser Zuhause gebunden sind denn je und dass wir nicht mehr spontan und frei entscheiden können, wann wir wie lange das Haus verlassen. Seit Dante bei uns lebt üben wir das Alleinebleiben mit ihm beinahe täglich. Inzwischen ist er bereits über 10 Monate alt und es klappt noch immer nicht. Und vielleicht wird es das auch nie.
Wie kann das überhaupt sein?
Da Dante unser erster Hund ist, haben auch wir eine gewisse Zeit gebraucht, um ihn und das Leben mit Hund kennenzulernen und um Routinen und Regeln zu etablieren. Als wilder Welpe war Dante entweder hellwach und voller Energie oder todmüde und völlig platt. In seinen wachen Phasen haben wir also geübt, geübt, geübt und unser Bestes gegeben, um eine feste Bindung zu ihm aufzubauen und ihn so umfassend wie möglich zu sozialisieren. Darauf, dass ich guten Gewissens sagen kann, dass uns das mit Bravour gelungen ist, bin ich ziemlich stolz und würde diesbezüglich auch nicht das kleinste Bisschen anders machen.
Was ich jedoch ändern würde, wäre das Training von Ruhe und Entspannung – ein Hund braucht davon täglich immerhin 18-20 Stunden! Doch da Dante in seiner Welpenzeit von sich aus sehr viel geschlafen hat, lag unser Fokus nicht darauf und wir haben das frühe Training leider zum Großteil versäumt. Er durfte bei uns von Anfang an aufs Sofa und schläft dort auch heute noch am liebsten in seine Decken gewickelt und dicht an uns gekuschelt. Nachts schläft er in seinem Bett und das hat auch sehr schnell reibungslos funktioniert, aber tagsüber ist das Sofa nach wie vor die erste Wahl – es sei denn, die Sonne scheint in unsere Wohnung und ich stelle sein Bett in den Sonnenfleck. Dann lässt er sich sofort hineinfallen und schläft wohlig ein, wie man auf diesen Bildern sehr schön sehen kann. Anfangs hat er in solchen Situationen in seinem Bett zwar Ruhe gefunden, doch tief und fest geschlafen hat er nicht.
Dass das Ruhetraining Früchte trägt und langsame, aber stete Fortschritte erzielt, zeigt mir, dass wir damit absolut auf dem richtigen Weg sind und dass es die Grundvoraussetzung dafür ist, dass Dante überhaupt einmal alleine bleiben kann. Denn wie soll er ohne uns zur Ruhe kommen, wenn er es nicht einmal schafft, während wir zuhause sind? Dass das immer noch ein Problem ist und auch immer eines sein wird, liegt vor Allem daran, dass er ein Xolo ist und dass wir anfangs Fehler begangen haben, die wir nun langsam und behutsam wieder beheben müssen. Xolos wollen und können nicht gern alleine sein. Im Prinzip gilt das für alle Hunde, aber Xolos binden sich besonders stark an ihre Menschen und weichen ihnen – wenn man sie lässt – keinen Schritt von der Seite. Und sie sind dickköpfig: Dante käme nie auf die Idee, sich mit einer Situation, die ihm nicht gefällt, einfach abzufinden. Er protestiert und wehrt sich und sucht so lange nach einem Ausweg, bis er ihn gefunden hat, oder zu erschöpft ist um weiterzumachen.

Das mussten wir in unserer allerersten Nacht mit ihm feststellen, die der einzige Schritt in unserer Erziehung ist, den ich von ganzem Herzen bereue und den ich NIE wieder so machen würde! Als klar war, dass bald ein Welpe einziehen würde, haben wir uns natürlich umfassend informiert und uns dafür entschieden, ihn nachts in einer geschlossenen Hundebox neben unserem Bett schlafen zu lassen. So wusste er, dass er nicht alleine war und würde sich – wahrscheinlich nach kurzer Unruhe – sehr schnell beruhigen und in seinem neuen, sicheren Zuhause einschlafen und wenn er wach würde, weil er sein Geschäft machen muss, würden wir das umgehend mitbekommen und könnten ihn einfach schnell nach draußen tragen. Außerdem könnte es eine gute Vorbereitung zum entspannten Autofahren in der Box sein… So die Idee.

Es mag auch Hunde geben, für die dieses Vorgehen gut funktioniert und die sich damit wohlfühlen, aber für Dante und uns war es der blanke Horror und es tut mir unendlich leid, dass wir ihm das angetan haben. Denn wichtig ist natürlich, die Box nicht zu öffnen, wenn der Welpe meckert, damit er nicht lernt, dass dieses Verhalten zielführend ist und in der Wohnung auf Wanderschaft geht, um sich heimlich in einer Ecke zu lösen.
Dante hat jedoch volle drei Stunden gejammert und aus vollem Hals gebellt und erst aufgegeben (nicht aufgehört!) als er zu erschöpft war, um weiterzumachen. Wie gesagt, wir würden uns nie wieder für diese Methode entscheiden und bedauern es zutiefst, doch sie hat uns mehr als deutlich gezeigt, dass ein Xolo anders ist als andere Hunde und dass er nicht nachgibt und dass auch dieser Ansatz, den wir damals nicht als hart empfunden haben, viel zu hart für diese sensiblen Hunde ist. Seitdem wissen wir aber immerhin, dass Dante eine unangenehmen Situation niemals als gegeben akzeptiert, sondern dass er sich wohlfühlen und vor allem verstehen muss, was er tun soll. Und dann funktioniert alles ganz wunderbar.
Das gilt für die Leinenführigkeit, die Stubenreinheit, die Beißhemmung, den Rückruf – alles (dank Traumhundgenerator 😉 ) absolut verlässlich und ein Kinderspiel für Dante, wenn er erst einmal die Regeln verstanden hat. Und das ist auch unser Ansatz für die Entspannung und das Alleinebleiben: er soll verstehen, dass er auch schlafen kann, wenn wir mal nicht da sind und dass wir definitiv und einhundertprozentig wiederkommen. Denn sich einfach damit abfinden, wird er niemals und das würde ich auch nie wieder von ihm verlangen.
Was tun wir also, um ihm Ruhe beizubringen und ihm das Alleinebleiben Stück für Stück näher zu bringen?
Wir belohnen jeden Ansatz von Ruhe, den er von sich aus zeigt und helfen ihm dabei, welche zu finden, indem wir beispielsweise sein Bett in die Sonne stellen, weil wir wissen, dass er da gerne liegt. Wir haben ein Entspannungssignal etabliert – auf „Müde“ fährt sein Erregungslevel runter – und wir haben ein Signal, das ihm sagt, er kann und soll sich gerne schlafen legen: „Dante, leg dich mal hin.“ Das klingt absolut unglaublich, aber es funktioniert wirklich! 🙂 Ein weiteres Signal ist seine Decke. Wenn er schon sehr entspannt ist und wir uns damit nähern, legt er sich meistens sofort hin, lässt sich zudecken und schläft ein. Diese Methoden von Sarah Both von bothshunde, die das Training von Ruhe und Entspannung zum Kern ihrer Arbeit gemacht hat, haben uns enorm weitergeholfen! Hätten wir all diese Dinge schon früher gewusst, wären uns viele Umwege und Probleme erspart geblieben, aber ich bin froh, dass wir mit der Zeit doch noch unseren Weg gefunden haben.
Wir setzen außerdem ganz bewusst Türen und sogar ein Welpengitter in unserer offenen Wohnung ein, um den Bereich, in dem er schläft (also das Wohnzimmer) zu separieren und ihm die Last abzunehmen, auch den Rest der Wohnung überwachen zu müssen. Wir steigern unsere Aktivitäten, die wir ausüben, während Dante ruht, ganz bewusst im Schwierigkeitsgrad, damit er trotzdem weiterschlafen kann und nicht denkt, er verpasst etwas. Anfangs war höchstens Wäsche falten oder aufhängen möglich, wenn er geruht hat, sonst ist er sofort wieder aufgestanden. Inzwischen können wir sogar direkt vor seiner Nase saugen oder Staub wischen und kochen (wenn es nicht allzu lecker duftet 😉 ) und er bleibt trotzdem liegen. Und wir wählen ganz bewusst aus, wann wir uns mit ihm in einem Raum befinden und wann wir woanders sind. Inzwischen können wir mehrere Stunden am Stück im Arbeitszimmer verbringen, während Dante im Wohnzimmer schläft.
Alle Aspekte unseres Entspannungstrainings sieht man wunderbar auf diesem Bild, das entstanden ist, während ich diesen Artikel geschrieben habe: Dante liegt schlafend in seinem Bettchen, das ich in die Sonne geschoben habe. Er schläft noch immer, obwohl sie bereits weitergezogen ist und ich nur zwei Meter weiter auf dem Sofa sitze und Theo im Arbeitszimmer ist. Außerdem liegt er in seine Decke gekuschelt und im Hintergrund sieht man das Welpengitter, das unser Wohnzimmer abgrenzt. 🙂
Das Alleinebleiben üben wir außerdem schon seit Wochen ganz explizit durch Desensibilisierung und immer nur dann, wenn Dante ohnehin ruht, damit die Erfolgschancen so hoch wie möglich sind. Das sieht so aus, dass wir mehrfach täglich Schuhe und Jacke anziehen, den Schlüssel nehmen und vor die Tür gehen. Mal für 10 Sekunden, mal für eine Runde um den Block und immer nur so kurz, dass Dante garantiert noch entspannt schläft, wenn wir wiederkommen. Und auch das funktioniert inzwischen, obwohl ich mir das anfangs nicht im Traum hätte vorstellen können. Da ist er bereits bellend aufgesprungen, sobald er das Klimpern des Schlüssels oder die Wohnungstür gehört hat.
All diese Dinge gehören für mich zu den beiden Begriffen „Bindung“ und „Freiheit“. Wie ich schon einmal geschrieben habe, muss es für einen verantwortungsvollen Tierhalter meiner Meinung nach selbstverständlich sein, so lange und so intensiv mit seinem Tier zu trainieren, bis es leisten und verstehen kann, was wir von ihm möchten. Und selbst dann kann es sein, dass das Training niemals den gewünschten Grad an Erfolg erreichen wird. Vielleicht wird Dante niemals länger als eine Viertelstunde am Stück alleine bleiben können. Aber wir können darauf hinarbeiten und währenddessen sowohl unsere Bindung als auch unsere Freiheit vergrößern. Denn das macht die Liebe zu einem Tier aus. ❤
wundervoll und sehr respektvoll geschrieben, liebe Jana, das muss bekannter werden, denn ich denke, das wird vielen Hundehaltern, nicht nur Xolianerinnen und Xolianern helfen, ihre Hunde zu verstehen. Und ich habe das von Dir empfohlene Ruhetraining auch schon mit viel Erfolg begonnen, darüber hatten wir uns ja mal geschrieben, so pausiere ich unser wildes Spiel und Duke soll sich auf die Seite legen, dann streichele und massiere ich ihn. Bis ihm die Augen zufallen. Dann ruht er und dann spielen wir weiter, das Spiel endet mit einer neuen Ruhephase. Auch der Befehl, sich auf die Seite zu legen klappt super. Wenn ich die Decke hochhalte, egal wo, kommt er und legt sich hin, ich decke ihn zu, er schläft nicht unbedingt, aber es bedeutet für ihn, ich darf jetzt nicht rumlaufen und soll ausruhen. Tolle Tipps, ja auch ich musste bei der Abholung von duke lernen, das Boxen nicht für ihn geeignet sind. Seit neuestem liegt er gerne auf seiner Ausgehdecke unterm Tisch und pennt.
Ich denke auch, das das Wesentliche für die Xoloerziehung Liebe, Konsequenz, Freundlichkeit, Bindung, klaro, und ein gesundes Maß an Freiheit sind. Du und Theo, Ihr habt den Dreh raus. Denn Empathie für die Bedürfnisse der Hunde, dass ist die Grundvoraussetzung für die Beziehung Mensch-Hund. Also gratuliere zu dem tollen und lehrreichen Beitrag. Und danke ❤
LikeGefällt 1 Person
Liebe Meggy, danke für dein wundervolles Lob, das tut richtig gut! Ja, ich denke auch, dass man ohne Einfühlungsvermögen und Empathie gar nicht daran denken braucht, eine Bindung zu einem Tier aufzubauen. Ach, ich bin richtig froh, dass das mit der Entspannung bei euch auch so gut anschlägt, ich finde das soooo wichtig! Viele Hundehalter sind ja (noch immer) der Meinung, der Hund müsse richtig „ausgepowert“ werden, damit er zur Ruhe kommt, aber tatsächlich ist das Gegenteil der Fall und Dante ist für mich der lebende Beweis dafür. 🙂
Wir dürfen auch niemals unterschätzen, wie klug unsere Hunde sind! Sie verstehen ALLES, man muss sich nur die Zeit nehmen, es ihnen zu erklären. Toll, dass Duke auf seiner Ausgehdecke so gut entspannen kann und wie ihr Spiel und Entspannung abwechselt. Das klingt total schön! ❤
LikeLike